#1 Dale Chihuly und der "Jerusalem Cylinder" - Future Horizons

Shownotes

In der ersten Folge geht es um Dale Chihuly, sein Werk "Jerusalem Cylinder" und die von ihm mitbegründete Pilchuck Glass School in den USA. Es ist eine Geschichte über die Anfänge des Arbeitens mit Glas in der Kunst und in der Studioglasbewegung - und darüber, wie aus Sand und Feuer Kunstwerke entstehen.

Mit Dale Chihuly, Michael Endo und Reino Liefkes

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00:00:00: Sonne, die durch Glas scheint, hat etwas Magisches.

00:00:03: Zur Zeit der Gotik dachte man, Licht, das durch farbiges Glas scheint, sei ein direkter Ausdruck Gottes.

00:00:10: So viel Mystik strahlte es aus.

00:00:12: Man ersetzte dicke Mauern durch riesige bunte Glasfenster.

00:00:17: Kirchen wurden plötzlich mit Licht durchflutet.

00:00:20: Von Anfang an haben wir als Menschen eine besondere Beziehung zu Glas.

00:00:24: Egal, ob daraus ein herkömmliches Wasserglas wird, eine Windschutzscheibe, ein Smartphone.

00:00:29: oder ein Kirchenfenster.

00:00:32: Seit über zweitausend Jahren stellen Menschen aus Sand und Hitze Glas her.

00:00:37: Formen daraus die unterschiedlichsten Gebilde, Dimensionen und Texturen.

00:00:42: Erhitzen Sand in einem über tausend Grad heißen Ofen, bis sich seine Moleküle verändern.

00:00:49: Der körnige Sand wird zu einer karamellartigen Masse.

00:00:53: Und dann wieder fest.

00:00:55: Zu Glas.

00:01:00: Seit Jahren sammelt, bewahrt und erforscht die Alexander Tutschek-Stiftung dieses Material im Kontext der zeitgenössischen Kunst.

00:01:09: Im Dezember-II.

00:01:10: startete die Stiftung mit einer Vision, dem Übersehenen und auch dem Besonderen in Kunst und Wissenschaft Aufmerksamkeit schenken.

00:01:19: Heute ist daraus unter anderem eine der bedeutendsten Sammlungen von zeitgenössischem Glas in der Kunst weltweit geworden.

00:01:27: Stück für Stück, Werk für Werk.

00:01:30: bis heute zum fünfundzwanzigsten Jubiläum der Alexander Tutschek-Stiftung.

00:01:35: In der Ausstellung Future Horizons versammeln sich Skulpturen und Installationen von rund fünfzig internationalen Künstlerinnen und Künstlern.

00:01:43: Mein Name ist Sarah Fischbacher und in diesem Podcast nehme ich euch mit auf eine Reise durch diese Sammlung.

00:01:50: In jeder Folge schauen wir uns eines dieser Stücke genauer an.

00:01:54: Lernen die Künstler und Künstlerinnen kennen und tauchen ein in die faszinierende Welt von Glas in der zeitgenössischen Kunst.

00:02:01: Future Horizons.

00:02:03: So heißt nicht nur die Ausstellung, die ihr noch bis zum April, Mai, den Ausstellungsräumen Blackbox und Blackbox First Floor in Münchens Parkstadt Schwabing besuchen könnt.

00:02:14: Es ist auch der Name unseres Podcasts, der die Jubiläumsausstellung begleitet.

00:02:19: In dieser ersten Folge sprechen wir über Dale Cihuli.

00:02:22: sein Werk Jerusalem Cylinder und die von ihm mitbegründete Pilzschak Glasschool in den USA.

00:02:29: Es ist eine Geschichte über die Anfängen der Studioglassbewegung und darüber, wie aus Sand und Feuer, Kunst entsteht.

00:02:49: Stellen Sie sich vor, Sand verwandelt sich in eine Flüssigkeit.

00:02:52: Und dann stecken Sie ein Rohr hinein und sammeln ihn wie Honig.

00:02:55: Holen ihn heraus und blasen daraus eine Form.

00:02:58: Mörfe der Jahrhunderte haben Glasbläser gelernt, daraus eine unglaubliche Vielfalt an Formen herzustellen.

00:03:05: Hier ist Dale Cihuli zu hören, wie er in einer Kurzdoku auf seinem YouTube-Kanal Cihuli Studio über seine große Leidenschaft spricht.

00:03:13: Er trägt seine charakteristische Augenklappe, graue Locken um Spielen sein Gesicht.

00:03:18: Chihuli, geboren in Tachoma, Washington, wird oft als Rockstar des Glases bezeichnet.

00:03:26: Berühmt für seine fantastischen Glasformen und grandiosen Installationen.

00:03:31: Ich hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um viele der Formen, die im Laufe dieser zweitausendjährigen Geschichte entstanden sind, weiterzuentwickeln.

00:03:41: Dale Chihuli wuchs im immergrünen Staat der USA auf.

00:03:45: Seine Mutter soll einen üppigen Blumengarten gehabt haben.

00:03:48: Bloß nicht auf die zarten Blumen treten, soll sie Day regelmäßig ermahnt haben.

00:03:54: Diese frühen Verbindungen zur Natur werden später in seinem Werk deutlich sichtbar.

00:04:01: Wenn man sich meine Arbeiten ansieht, sind sie sehr organisch und sehen in vielen Fällen so aus, als könnten sie aus der Natur stammen.

00:04:15: Erst studiert er Innenarchitektur und Design, experimentiert mit verschiedenen Materialien, webt Teppiche.

00:04:44: Ich habe schnell gelernt, dass ich, wenn ich nur die Hitze des Ofens und das Feuer nutze, die Bewegung aus dem Feuer selbst bekomme, was schöner ist.

00:04:54: Ich habe nur meinen Atem genutzt, um dieses wundersame Material zu bearbeiten.

00:04:59: Ich habe es aufgeblasen, um es so dünn wie möglich zu machen.

00:05:03: Und es so heiß gemacht, dass es fast zusammenbrach und sich zu bewegen begann.

00:05:08: Diese Spannung zwischen Kontrolle und Kollaps wird zu einem Markenzeichen seiner Kunst.

00:05:15: Häufig bestehen sie aus einzelnen, dynamisch gewundenen Glaselementen.

00:05:20: Glas verbunden mit Natur in leuchtenden Farben und genauso zart wie die Blumen im Garten von Chihuli's Mutter.

00:05:29: Glas ist erstaunlich, weil es auch ein sehr plastisches Material ist.

00:05:33: Es kann so viele verschiedene Dinge imitieren.

00:05:36: Man kann es wie Stein aussehen lassen, man kann es wie Keramik aussehen lassen, Man kann es wie Papier aussehen lassen.

00:05:43: Aufgrund

00:05:43: seiner einzigartigen Eigenschaften kann man die Grenzen dessen, was das Material leisten kann, wirklich ausreizen.

00:05:50: So erklärt es Michael Endow, Kurator und künstlerischer Leiter der Pilcher Glass School, die Dale Chihuly mitbegründet hat.

00:05:58: Glass, sagt Endow, hat eine besondere Erzählkraft.

00:06:02: In seiner Vielfalt, seiner besonderen Struktur und in seiner Zerbrechlichkeit.

00:06:11: Und dann kommt noch das Wissen hinzu, dass man braucht, um es zu bearbeiten.

00:06:14: Man kann nicht einfach ein Buch lesen und lernen, wie man Glas bearbeitet.

00:06:19: Es hängt so sehr davon ab, wie das Glas auf Hitze reagiert, wie es auf die Hand reagiert, auf die Werkzeuge, weil wir es nicht direkt wie Ton bearbeiten können.

00:06:29: Diese Beziehung zwischen Körper und Material ist meiner Meinung nach bei Glas ausgeprägter als bei anderen Materialien.

00:06:51: um zu verstehen, was Chihuli's Arbeit mit Glas so revolutionär macht, wissen wir zurück ins Jahr nineteenhundertzehntzeigundsechzig.

00:07:00: Zu den experimentellen Glasworkshops von Harvey Littleton und Dominic Labino in Toledo.

00:07:07: Diese Workshops gelten als Geburtsstunde der amerikanischen Studioglasbewegung.

00:07:13: Littleton, unter dem Chihuli studiert, hatte eine Vision.

00:07:18: Glas sollte aus den Fabriken heraus in die Künstleratteliers.

00:07:21: Das erzählt Reino Liefkes, Kurator und Leiter der Keramik- und Glasabteilung am Victoria & Albert Museum in London.

00:07:30: Ich denke, in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde Kunst mit Glas, um es vielleicht sehr vereinfacht auszudrücken, noch immer hauptsächlich als eine Art Gefäßform verstanden.

00:07:42: Die Menschen stellten also schöne Gefäße her und das war ein Kunstobjekt.

00:07:48: Auf diese Weise wurden erstaunliche Dinge geschaffen.

00:07:51: Aber ich glaube, um die Mitte des Jahrhunderts herum wurde diese Idee aufgegeben und die Studio-Glas-Movement war eine der ersten, die das tat.

00:08:02: Bis dahin war Glas ein Material der Industrie gewesen.

00:08:06: Für Fenster, Vasen oder Schalen.

00:08:09: Designer entwarften Formen, die dann in Manufakturen ausgeführt wurden.

00:08:15: Littelten und Labino entwickelten einen tragbaren Ofen und eine niedrig schmelzende Glasformel.

00:08:21: Glas wurde zugänglich für Künstlerinnen.

00:08:26: Sie wollten keine perfekte Technik.

00:08:29: Sie wollten, dass sich jeder mit dem Rohmaterial Glas auseinandersetzt und es auf ganz einfache Weise formt.

00:08:37: Aber auf eine Weise, die ein direkter künstlerischer Ausdruck war.

00:08:41: Es drückte die Idee aus, die sie vermitteln wollten.

00:08:45: Die frühen Studioglasbewegungen lehnten technische Fertigkeiten fast vollständig ab.

00:08:51: Sie hielten Technik für billig.

00:08:53: Wir wollen eine Art Rohe-Auseinandersetzung.

00:08:56: Daher werden viele der sehr frühen Studioglasarbeiten von manchen Leuten als formlose Blobs beschrieben.

00:09:06: Die Studioglasbewegung gewann an Momentum.

00:09:09: Kurz-Tochschulen nahmen Glasarbeiten ihre Lehrpläne auf.

00:09:13: Sammlerinnen begannen, hohe Preise zu zahlen, was als Experiment in Toledo begann, wurde schnell zu einer internationalen Bewegung.

00:09:21: Mitte der nineteenhundertneunziger Jahre ging die Studioglasbewegung dann als Bewegung zu Ende, erzählt Michael Endow von der Pilchock Glass School.

00:09:32: Ich denke, was jetzt passiert ist, ist, dass die Studioglasbewegung insbesondere in den Achtziger und Neunziger Jahren einen wirklich großen Höhepunkt hatte.

00:09:41: Und jetzt flacht sie ein wenig ab.

00:09:44: Und ich denke, was damit passiert?

00:09:46: Ich möchte nicht sagen, dass die Blütezeit der Studioglasbewegung vorbei ist, aber sie wandelt sich.

00:09:51: Und das hat neuen Ideen im Bereich Glas den Weg geebnet.

00:09:57: Diese Transformation bedeutete keineswegs das Ende des Interesses an Glas.

00:10:02: Im Gegenteil, amerikanische Studioglaskünstlerinnen arbeiteten nun in immer größeren Dimensionen.

00:10:10: Gleichzeitig kamen Maler, Bildhauer und Designer von außerhalb der Studioglaswelt dazu und integrierten das Medium in die größeren Welten der zeitgenössischen Kunst und des Designs.

00:10:37: reist Cihuli mit einem Fulbright-Dipendium nach Venedig.

00:10:42: Hier, auf der berühmten Insel Murano, nordöstlich von Venedig, trifft er auf eine jahrhundertealte Tradition.

00:10:49: Die Insel ist weltberühmt für ihre filigranen Glasgefäße, ihre leuchtenden Farben und die lange gepflegte Handwerkskunst in großen Manufakturen.

00:10:59: Venizianisches Glas folgt strengen Regeln und festen Formen.

00:11:03: eigentlich das genaue Gegenteil der freien, experimentellen Herangehensweise der amerikanischen Studioglasbewegung.

00:11:10: Cihuli lernt bei den Meistern von Vinini Glas.

00:11:13: Eine Erfahrung, die Cihuli demütig werden lässt, wie er hier in der Kurzdoku erzählt.

00:11:19: Ich war zu eingeschüchtert, um selbst Glas zu blasen, weil ich im Vergleich zu den größten, die es gab, ein so schlechter Glasbläser war.

00:11:27: Was Cihuli nachhaltig beeindruckt, ist nicht nur die technische Perfektion.

00:11:31: sondern die Art der Zusammenarbeit.

00:11:34: Jeder Meister Glasbläser arbeitet mit einem Team von zwei oder drei Helfern.

00:11:39: Ein perfekt eingespieltes System, das komplexere Formen und größere Dimensionen möglich macht.

00:11:46: Ich habe zugesehen und gelernt und das Team bei der Arbeit beobachtet.

00:11:51: Wenn man dort hingeht, kann man sehen, dass der Glasmacher nicht nur eine Person ist, sondern es gibt den Meister Glasbläser und ein Team von zwei oder drei Helfern.

00:12:01: die das System am Laufen halten, um gemeinsam recht komplexe Dinge herzustellen und sehr effizient zu arbeiten.

00:12:08: Er erkannte wirklich, dass die Glasherstellung so viel mehr sein kann, wenn man tatsächlich mit einem Team zusammenarbeitet.

00:12:16: Und das interessierte ihn.

00:12:23: Bei der frühen Studioglasbewegung ging es vor allem darum, jedem der Glasmacher werden wollte, die Möglichkeit zu geben, allein zu arbeiten und Dinge zu schaffen, für die normalerweise enorme Technologie und Arbeitskräfte erforderlich wären.

00:12:38: Das wusste Cihuli aus den USA.

00:12:41: Aber dann die europäische Tradition zu sehen, bei der ein ganzes Team zusammenarbeitet, war meiner Meinung nach grundlegend für sein Verständnis des Materials.

00:12:51: Es macht.

00:12:52: Klick für Dale Cihuli.

00:12:54: Sein Verständnis für Design, seine Arbeit mit der Studioglasbewegung und das Handwerk im großen Stil der Modano-Manufakturen, das alles fügt sich zusammen und Cihuli beginnt immer mehr im großen Team zu arbeiten.

00:13:08: Mit Glasbläsern und Glasbläserinnen, aber auch mit anderen Künstlern wie dem Lichtkünstler James Carpenter.

00:13:25: Zurück in den USA gründet Dale Cihuli in one-neinzehntundseinundsiebzig zusammen mit den Förderern Anne-Gold Horberg und John H. Horberg die Pilchak Glass School, die heute von Michael Endow geführt wird.

00:13:39: Wenn man sich die Gründung von Pilchak in den siebziger Jahren ansieht, war das eine Zeit in der zeitgenössischen Kunstbewegung, in der die Skilling sehr beliebt war, wo es darum ging, Ideen zu entwickeln.

00:13:51: Die Beherrschung der Technik wurde also nicht unbedingt aufgegeben, Aber sie hatte nicht mehr die gleiche Priorität wie in der Vergangenheit.

00:13:58: Gleichzeitig gab es in der Glaswelt ein tiefes Interesse daran, über die experimentellen Blobby-Dinge, mit denen man am Anfang herumspielte, hinauszukommen und venezianische Techniken einzuführen.

00:14:10: Ich finde, dass es in der Kunstgeschichte eine interessante Art von Kreuzung gab.

00:14:15: In der zeitgenössischen Kunstwelt fand eine Die-Skilling-Bewegung statt, während in der Glaskunstwelt ein Skill ab stattfand.

00:14:22: Und das waren die Studioglas.

00:14:27: Zu dieser Zeit entsteht Pilzschak.

00:14:30: Erstmal eher als Hippie-Kommune, gemischt mit Sommerkunst-Seminar, in Chiholi's Heimatstaat Washington, mitten im Wald.

00:14:43: Ich meine, wir befinden uns auf einem etwa fünfzig Hektar großen Campus in mitten einer fünfzehntausend Hektar großen Baumfarm.

00:14:50: Wir haben erst vor ein paar Jahren Internet auf dem Campus bekommen.

00:14:53: Als ich anfing, hierherzukommen, gab es noch ein Münst-Telefon, das die beste Möglichkeit war, mit Leuten außerhalb des Campus zu sprechen.

00:15:02: Diese ländliche, fast schon irremietengleiche Erfahrung oder diese Art von abgeschiedenen Erlebnis auf dem Campus, der relativ geschlossen ist, hat wirklich das Gefühl vermittelt, ich gehe dorthin um zu entfliehen und mich auf das Kunst schaffen und die Gemeinschaft zu konzentrieren.

00:15:20: Jetzt sind wir immer noch mitten in dieser Baumfarm.

00:15:22: Wir haben immer noch jeden Abend eine atemberaubende Aussicht.

00:15:25: Und ich denke, dass diese Beziehung zur Natur eine wirklich große Rolle dabei spielt, wie Menschen Ideen erforschen und über Ideen nachdenken.

00:15:35: Ich denke, dass die Lage von Piltschak dieses abgeschiedene Gefühl schafft, aufbrauchen, um sich von den alltäglichen Aufgaben des Lebens zu lösen, die manchmal dem Denken und Schaffen im Weg stehen.

00:15:47: Und darüber hinaus ist da noch die ökologische Seite, also die Wirkung der Umgebung.

00:15:52: Ich meine, man kann sich dem nicht entziehen.

00:15:55: Die meisten Gebäude sind aus Holz und Baumstämmen

00:15:57: gebaut.

00:15:58: Tom Bossworth war der Architekt und die Hauptglasbläserei ist nach außen hin offen.

00:16:04: Es ist kein geschlossener Raum, sondern irgendwo dazwischen.

00:16:07: Als würde man Glas in einem Zelt blasen, aber es ist im Grunde ein stabiles Zelt.

00:16:31: Pilchuck ist die erste Schule ihrer Art, die sich ausschließlich auf Glas konzentriert.

00:16:38: Natürlich gibt es auch andere Glasstudios in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt.

00:16:44: Aber es gibt nichts Vergleichbares zu Pilchuck, wo es mehrere Studios und mehrere gleichzeitig stattfindende Workshops gibt, die alle miteinander kooperieren und sich alle auf ein Material konzentrieren.

00:16:55: Es

00:16:56: ist etwas Besonderes, alle mit einem ähnlichen Vokabular zusammenzubringen, unserem dass es ermöglicht, die Grenzen dessen, was ein Material leisten kann, wirklich zu erweitern.

00:17:07: Andere Programme kombinieren Glas mit Druckgrafik und Keramik, was fantastisch ist und eine großartige Möglichkeit bietet, Ideen auszutauschen.

00:17:16: Aber es ist etwas ganz Besonderes, eine Gruppe von Menschen zu haben, die sich wirklich mit einem einzigen Material beschäftigen und damit, wie man die Grenzen dessen, was man damit tatsächlich herstellen kann, erweitern kann.

00:17:35: Pilchak wird so einer wichtigen Säule der Glas-Community.

00:17:39: Große Namen unterrichten hier über die Jahre, zum Beispiel Sonja Blomdal, Dan Daly oder Ann Wolff und viele mehr.

00:17:48: Denn Kollaboration ist einer der wichtigsten Pfeiler der Schule.

00:17:52: Seit Jahrzehnten vergibt die Alexander Tutschig-Stiftung jährlich Stipendien für Kunstschaffende.

00:17:58: Im intensiven Austausch mit Duzierenden und anderen Teilnehmenden lernen sie neue Fertigkeiten und entwickeln ihre eigene künstlerische Praxis weiter.

00:18:07: Wer einmal in Pilchak war, schwärmt ein Leben lang davon.

00:18:12: Wir zeigen den Leuten nicht nur, wie man einen Briefbeschwerer herstellt oder wie man eine Vase herstellt.

00:18:17: Es geht darum, wie wir Workshops oder Bildungserfahrungen oder gemeinschaftliche Erfahrungen schaffen können, die es den Menschen ermöglichen, ihre Ideen voranzutreiben und gleichzeitig die Techniken und Fähigkeiten zu erwerben, die sie benötigen, um diese Ideen umzusetzen.

00:18:46: Kollaboration ist auch das Herz von Chiulis Arbeit.

00:18:50: Nicht nur beim Ideen-Austausch, auch bei der Herstellung seiner Werke.

00:18:54: Denn nach der Gründung von Pilczak verändert ein einschneidendes Ereignis Dale Chihuli's Kunst für immer.

00:19:01: Kurator Reino Liefges erklärt?

00:19:03: Chihuli hatte Ende der siebziger Jahre einen Unfall, bei dem er, glaube ich, ein Auge verlor, wodurch es für ihn schwierig wurde, Tiefen zu beurteilen.

00:19:12: Und das ist eigentlich ziemlich gefährlich, wenn man mit heißem Glas arbeitet.

00:19:18: Es ist ausgerechnet Glas, das Cihulli's Karriere zu beenden droht.

00:19:23: Bei einem Autounfall, newtonsundhundertsechsundsiebzig, verletzt er sein Gesicht und verliert das linke Augenlicht.

00:19:30: Aber der Unfall ist nicht das Ende seiner Karriere.

00:19:35: Im Gegenteil, die Monate der Erholung nutzt Cihulli, um über sich und seine Kunst nachzudenken, sie neu auszurichten.

00:19:45: Zu dieser Zeit beschloss er selbst, kein Glas mehr zu blasen und begann, eine Augenklappe zu tragen.

00:19:52: Das war in vielerlei Hinsicht eine Befreiung für ihn, denn seine Fähigkeiten als Glasmacher waren gut.

00:19:58: Aber es gibt Leute, die das viel besser können.

00:20:03: Sie haben ihr ganzes Leben lang nichts anderes gemacht.

00:20:06: Der alte Glasbläsermeister war Villino.

00:20:09: Indem er sich mit ihnen zusammen tat und mit ihnen im Team arbeitete, konnte er Dinge herstellen, die viel ambitionierter und viel beeindruckender waren als die Werke, die er zuvor alleine hergestellt hatte.

00:20:24: Cihuli wird der Komponist, der Regisseur seiner Kunst und überlässt die technischen Details anderen.

00:20:31: Zusammen mit ausgewählten Glasbläserinnen und Glasbläsern beginnt Dale Cihuli seine Arbeiten auf eine neue Ebene zu heben.

00:20:40: Größer und ausladender zu werden, ganz anders mit Farbe und Form zu spielen.

00:20:50: Er begann, Glas in einem anderen Maßstab herzustellen und seine Ideen zur Ästhetik in dieses recht primitive Studioglas einzubringen und es um einige Stufen zu verbessern, um es zugänglicher und schöner zu machen.

00:21:06: Und ich denke, wirklich, er hat ein unglaubliches Gespür für Farbe und Raum.

00:21:13: Und so sind seine Objekte wirklich, wissen sie, sie sind wirklich Statements, die den Raum, in dem sie positioniert sind, ausfüllen.

00:21:29: Immer und immer wieder überschreitet er Grenzen.

00:21:32: Stilistisch, räumlich, aber auch geografisch.

00:21:37: Viele seiner Arbeiten führten Chihuli an die unterschiedlichsten Orte.

00:21:41: nach Mexiko, Finnland oder Japan etwa.

00:21:44: In jedem Land arbeitet Chihuli mit lokalen Glasbläserinnen und Bläsern zusammen.

00:21:50: Es ist also diese Weiterentwicklung.

00:21:52: Und ich denke, das hat Jihulis Arbeit immer geprägt, dass er Grenzen nie als etwas Selbstverständliches angesehen hat.

00:21:59: Wissen Sie, er will immer etwas Größeres machen oder etwas tun.

00:22:04: Wissen Sie, aus der gängigen Weisheit heraus kommen.

00:22:07: Dinge zu tun, mehr Menschen einbeziehen.

00:22:10: Immer in Zusammenarbeit mit anderen.

00:22:13: Ich denke, das wurde wirklich zu einem sehr wichtigen Markenzeichen von ihm.

00:22:16: Und wissen Sie, er arbeitet mit verschiedenen Glasmacher-Communities zusammen, mit Herstellern.

00:22:23: Er arbeitet mit Menschen aus aller Welt, in Seattle, in seiner Heimat.

00:22:27: Aber er geht auch ins Ausland und arbeitet dort mit Glasmachern zusammen und schaut, wie er ihre Qualitäten am besten nutzen kann.

00:22:38: Jede Kultur, jede Stadt, jedes Gebäude stellt andere Anforderungen.

00:22:43: Und Cihuli als Innenarchitekt weiß, es Räume zu lesen und seine Kunst darauf abzustimmen.

00:22:49: Cihuli beschäftigt sich immer mit dem Raum, in dem er arbeitet.

00:22:54: Und er vergrößert das Glas so, dass es perfekt in den Raum passt und ihn wirklich ausfüllt.

00:23:01: Und er steigert seinen Ehrgeiz zu etwas, das wirklich, wissen Sie, unvollkommene Harmonie oder Kontrast ist.

00:23:10: Ein Beispiel dafür findet sich heute in London, in der Rotunda des Victoria & Albert Museum.

00:23:17: Ein riesiger Kronleuchter, gemacht für genau diesen Raum.

00:23:21: Er ist mehr als acht Meter lang und wiegt etwa so viel wie ein Kleinwagen.

00:23:26: Manche der kleinen Einzelteile sind kaum größer als ein Smartphone, andere so groß wie ein Mensch.

00:23:32: Kurator Reino Liefges sieht den Kronleuchter jeden Tag auf dem Weg in sein Büro im Museum.

00:23:39: Ich denke, wenn man sich dem Kronleuchter nähert, wenn man von der Straße hereinkommt, beeindruckt er einen immer, weil das Museum eine Art neoklassizistische Architektur hat, mit vielen Säulen und traditionellen Motiven und so weiter.

00:23:55: Und dann hat man dort diese sehr helle, blau-grüne Struktur, die irgendwie zu explodieren scheint.

00:24:03: Es ist fast wie ein Feuerwerk, das sich irgendwie verdichtet und zu einer Struktur geworden ist.

00:24:10: Aber auch auf größerer Fläche, außerhalb des Museumsraums, arbeitet Chihuli.

00:24:15: Zum Beispiel in Jerusalem.

00:24:28: Ende der nineteenhundertneunziger Jahre erhält Chihuli eine spektakuläre Einladung.

00:24:34: Eine einjährige Freilicht-Ausstellung in der alten Zitadelle von Jerusalem zum neun Jahrtausend.

00:24:40: Jihuli in the light of Jerusalem, two thousand, wird sein größtes Projekt.

00:24:45: Siebzehn grossformatige Installationen aus mehr als zehn tausend Glasstücken.

00:24:51: In einer Dokumentation erzählt Jihuli,

00:24:56: ich bin immer wieder nach Jerusalem gereist, um herauszufinden, was ich genau in diesem fantastischen Schloss machen wollte.

00:25:04: Es ist schon zweitausend Jahre alt und viele dieser Steine stammen von König Herodes und mir gefiel die Idee, dass, weißt du, das Gefühl der großen Steine.

00:25:21: Zur Erinnerung an diese epochale Ausstellung schafft Shihuli mehrere mittelgroße Jerusalem-Cylinders in verschiedenen Farben.

00:25:30: Einer davon ist in der Ausstellung Future Horizons der Alexander Tutschick-Stiftung zu sehen.

00:25:35: Die Grundform, ein einfacher, farbiger Glaszylinder, hat die Maße einer handelsüblichen Vase.

00:25:42: An den Seiten kleben einzelne Brocken massives Glas.

00:26:12: Gemeinsam wird aneinander gefügt, was auf den ersten Blick nicht zusammenpasst.

00:26:17: Die technische Herausforderung ist enorm.

00:26:22: Technisch gesehen waren sie sehr kompliziert, da wir große Glasblöcke gießen und sie dann monatelang tempern mussten, um sie anschließend mit einem Meißel auseinanderzubrechen.

00:26:34: Dann musste man sie wieder erhitzen, um sie auf den Zylinder zu setzen.

00:26:39: Mein erster Gedanke war, dass das nicht funktionieren würde.

00:26:42: Sie würden einfach nicht zusammenhalten.

00:26:45: Aber wie sich herausstellte, hielten sie doch zusammen.

00:26:50: Ich mag es, wenn sie so aufeinander gestapelt sind.

00:27:00: Die Zylinder von Jerusalem können sinnbildlich für sehr viele Dinge einstehen.

00:27:05: Für zwei Pole, die nicht zusammenpassen wollen und am Ende doch verschmelzen.

00:27:10: Gesellschaftlich, politisch, aber auch zwischen Mensch und Natur.

00:27:16: oder in Chihulis Arbeit, die traditionelle Technik venezianischer Glasmanufakturen und die freien Formen der Studioglasbewegung, das Konstante Überschreiten von Grenzen, Kontrolle und Zufall, Stabilität, immer kurz vor dem Zerbrechen.

00:27:36: Von jeder Seite sieht es etwas anders aus, je nachdem wie das Licht gerade fällt oder sich in den Bruchstücken am Rand des Zylinders fängt.

00:27:47: Eigentlich entständiger Bewegung.

00:27:56: Selbst anschauen könnt ihr euch dieses faszinierende Kunstwerk in der Ausstellung Future Horizons der Alexander Tutschek-Stiftung.

00:28:04: Dort ist Chihuli's Jerusalem-Cylinder zu sehen, neben vielen weiteren Kunstwerken mit dem Medium-Glas von rund fünfzig internationalen Künstlerinnen und Künstlern.

00:28:14: Noch bis zum eighthundzwanzigsten Mai, in der Blackbox und im Blackbox First Floor in Münchens Parkstadt Schwabing.

00:28:24: Unsere Reise durch die Sammlung der Stiftung ist hier noch lange nicht vorbei.

00:28:27: In den kommenden Folgen werden wir weitere Kunstwerke, Künstlerinnen und Künstler erkunden.

00:28:33: Denn zur gleichen Zeit wie Cihuli revolutionierten noch andere Künstler die Arbeit mit Glas.

00:28:39: Um einen von ihnen geht es in der nächsten Folge.

00:28:43: Es gab auch Leute, die parallel dazu arbeiteten, wie Erwin Eisch in Deutschland.

00:28:48: Er stande selbst aus einer Glasmacher-Familie und hatte ein Glashaus, sein Onkel.

00:28:52: Und er richtete sich in dieser Glasmanufaktur sein eigenes kleines Atelier ein.

00:28:59: Erwin Eisch, geboren in Frau Nau, war Künstler, Lehrer und Kritiker.

00:29:11: In Erwin-Eichs legendäre Glasfütte in Frauenau nehmen wir euch in der nächsten Folge mit.

00:29:22: Mein Name ist Sarah Fischböcher und das war Future Horizons.

00:29:26: Folge eins, Dale Cihuli und der Jerusalem Cylinder.

00:29:32: Text, Veronica Silberg und Jaya Mirani.

00:29:36: Produktion, Forty-Eight Forward.

00:29:39: Die Interviews mit Reino Liefkes und Michael Endow hat Jaya Mirani geführt.

00:29:45: Die Audioaufnahmen von Dale Cihuli stammen aus Videos des Kanals Cihuli Studio.

00:29:51: Future Horizons ist ein Podcast der Alexander Tutschek-Stiftung.

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